Erster Oberbürgermeister der Grünen in Hessen vereidigt

 

 

Seit Mitternacht darf Michael Korwisi die Amtskette auch umhängen. Gestern Abend war ihm diese Geste noch verwehrt, und er konnte das von der scheidenden Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU) überreichte Ehrenzeichen nur in die Höhe halten. Den Gästen im vollbesetzten großen Saal des Kurhauses war trotz derlei Formalien das Besondere des Moments bewusst: Bad Homburg hat einen grünen Oberbürgermeister, als erste Stadt in Hessen. Dass die CDU dieses Amt nach 61 Jahren erstmals dem Vertreter einer anderen Partei überlassen muss, verlieh dem Wechsel gar historische Dimensionen. In einem fulminanten Wahlsieg hatte Korwisi in der Stichwahl am 10. Mai die Amtsinhaberin mit knapp 60 Prozent geschlagen. Deshalb gab es von der Grünen Jugend gestern 60 Sonnenblumen, für jedes Prozent eine. "Was gibt es Schöneres, als wenn jemand 30 Jahre Kommunalpolitik macht und jetzt Oberbürgermeister ist", sagte Korwisi in seiner Antrittsrede. Noch lange vor Jungherr war der Grünen-Mitgründer 1981 in die Stadtverordnetenversammlung gewählt worden, und auch als hauptamtlicher Stadtrat hat der 57 Jahre alte Politiker schon in Bad Homburg gearbeitet. Bei seiner Abwahl vor fast genau drei Jahren habe er versprochen wiederzukommen. "Aber so, das hätte ich nicht gedacht", sagte Korwisi. Er bedauerte zuvor, dass der kürzlich gestorbene ehrenamtliche Stadtrat Reinhard Fleige (BLB) diesen Moment nicht mehr miterleben könne. Der neue Oberbürgermeister versprach, "offen, aufrichtig und kommunikativ" auf die anderen Fraktionen zuzugehen. Auch auf die CDU/FDP-Mehrheit, auf deren Zustimmung er angewiesen ist. Korwisi warnte vor den Auswirkungen der Krise, die Bad Homburg dank des soliden Wirtschaftens seiner Vorgängerin allerdings besser überstehen könne als andere. Beim Klimaschutz, etwa der Nutzung der Sonnenenergie, müsse die Stadt aber mehr tun als bisher. Auch in der Wohnungspolitik kündigte Korwisi einen anderen Akzent an. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit werde der Erhalt preiswerter Wohnungen sein. Studenten, junge Familien und weniger Begüterte müssten in Bad Homburg leben können. Trotz der großen Herausforderung gab sich Korwisi optimistisch: "Ich glaube, ich kann gemeinsam mit Ihnen viel bewegen."

 

 

 

 

Text: F.A.Z., 18.09.2009, Nr. 217 / Seite 53